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Ukraine: Mehr als 30 Organisationen fordern ein Ende der Strafverfolgung von Yurii Sheliazhenko

Gespeichert von Friedensmaster am Fr., 07.06.2024 - 15:26

Pazifismus ist kein Verbrechen

Die unterzeichnenden Organisationen sind sehr besorgt über die anhaltende Schikanierung von Friedensaktivist*innen und Kriegsdienstverweiger*innen in der Ukraine, insbesondere über die offensichtlich willkürliche Verfolgung von Yurii Sheliazhenko, Geschäftsführer der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung und EBCO-Vorstandsmitglied. Sein Prozess ist für den 11. Juni 2024, 14.15 h vor dem Verwaltungsgericht Pecherskyi der Region Kiew angesetzt (Fall No 757/16536/24-k). Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.

Yurii Sheliazhenkos Wohnung wurde am 3. August 2023 durchsucht. Er steht seither unter mehrfach verlängertem Hausarrest, während der ukrainische Sicherheitsdienst gegen ihn ermittelt. Dabei geht es insbesondere um die Anschuldigung, dass die Erklärung „Peace Agenda for Ukraine and the World“ vom September 2022, die er im Namen der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung (ältere Presseaussendungen) abgegeben hatte, "die russische Aggression“ rechtfertige, obwohl die Erklärung die Invasion und alle Arten von Krieg ausdrücklich verurteilen. Sein Computer und sein Smartphone wurden beschlagnahmt und trotz eines Gerichtsbeschlusses noch nicht zurückgegeben. Der Hintergedanke scheint zu sein, sein Eintreten für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und seine Arbeit zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern in der Ukraine zu behindern.

Das ukrainische Justizministerium hat das Verwaltungsgericht der Region Kiew aufgefordert, die Ukrainische Pazifistische Bewegung, Mitgliedsorganisation von EBCO, zu verbieten und aufzulösen. Der ukrainische Sicherheitsdienst veröffentlichte zudem eine Pressemitteilung, in der Yurii Sheliazhenko als „feindlicher Agitator“ bezeichnet wird.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Europäische Union (EU) auf, dafür zu sorgen, dass die Anerkennung und vollständige Umsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung als wesentlicher Schutz der demokratischen Werte und Grundsätze, auch in Zeiten des durch die russische Aggression verursachten nationalen Notstands, bei den bevorstehenden Verhandlungen über den Beitritt der Ukraine zur EU als notwendige Bedingung angesehen wird. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wird unter anderem in der EU-Grundrechtecharta (Artikel 10 - Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) anerkannt.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Ukraine auf, Yurii Sheliazhenko unverzüglich freizusprechen und die beschlagnahmten persönlichen Gegenstände zurückzugeben, die Aussetzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung unverzüglich rückgängig zu machen: den aus Gewissensgründen inhaftierten Dmytro Zelinsky freizulassen, Andrii Vyshnevetsky ehrenhaft zu entlassen, Vitaly Alekseenko und Mykhailo Yavorsky freizusprechen. Sie fordern die Ukraine außerdem auf, das Ausreiseverbot für alle Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren und andere Praktiken zur Durchsetzung der Militärdienstpflicht aufzuheben, die mit den Menschenrechtsverpflichtungen der Ukraine unvereinbar sind, einschließlich der willkürlichen Inhaftierung von Militärdienstpflichtigen und der Auferlegung der militärischen Registrierung als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit jeglicher ziviler Verwaltungsakte wie Ausbildung, Beschäftigung, Heirat, Sozialversicherung, Registrierung des Wohnorts usw. Die Organisationen sind sehr besorgt über das Mobilisierungsgesetz, das schwere Strafen für "Militärdienstverweigerer" vorsieht, ohne Ausnahmen für Kriegsdienstverweigerer. Wir begrüßen die Bemühungen des Menschenrechtsbeauftragten des ukrainischen Parlaments, Dmytro Lubinets, der in seinem Jahresbericht 2023 das Fehlen von Verfahren zur Beantragung eines alternativen Zivildienstes unter Kriegsrecht erwähnte und die Mitglieder des Parlaments aufforderte, Abhilfe zu schaffen.

Wir fordern die Ukraine auf, das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren und öffentliche Äußerungen für einen Frieden nicht zu kriminalisieren, wie es im Fall von Yurii Sheliazhenko geschieht, der für Frieden und Menschenrechte eintritt und das Ende des bewaffneten Konflikts und damit der Kriegsgräuel fordert.

Die Organisationen fordern Russland auf, unverzüglich und bedingungslos sämtliche Hunderte von Soldat*innen und mobilisierten Zivilist*innen freizulassen, die sich weigern, am Krieg teilzunehmen, und die illegal in einer Reihe von Zentren in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine festgehalten werden. Berichten zufolge setzen die russischen Behörden Drohungen, psychologischen Missbrauch und Folter ein, um die Inhaftierten zur Rückkehr an die Front zu zwingen.

Die Organisationen fordern sowohl Russland als auch die Ukraine auf, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu achten, auch in Kriegszeiten, und dabei die europäischen und internationalen Standards, unter anderem die des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, vollständig einzuhalten. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist Teil des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, das in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) garantiert wird und das gemäß Artikel 4 Absatz 2 des ICCPR auch in Zeiten eines öffentlichen Notstands unantastbar ist.

Die Organisationen verurteilen die russische Invasion in der Ukraine aufs Schärfste und rufen alle Soldat*innen auf, sich nicht an den Feindseligkeiten zu beteiligen, und alle Rekrut*innen, den Militärdienst zu verweigern. Sie verurteilen alle Fälle von Zwangsrekrutierung und gewaltsamer Rekrutierung in den Armeen beider Seiten sowie alle Fälle von Verfolgung von Kriegsdienstverweiger*innen, Deserteur*innen und gewaltlosen Kriegsgegner*innen. Sie fordern die EU auf, sich für den Frieden einzusetzen, sich zu Diplomatie und Verhandlungen zu verpflichten, den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten und den Kriegsgegner*innen Asyl und Visa zu gewähren.

Unterzeichnet von:

Weitere Informationen

Jahresbericht des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung “Conscientious Objection to Military Service in Europe 2023/24”, über die Länder des Europarates, darunter auch Russland, Belarus und Ukraine: https://ebco-beoc.org/sites/ebco-beoc.org/files/2024-05-15-EBCO_Annual_Report_2023-24.pdf

UN Human Rights Council Report "Situation of human rights in the temporarily occupied territories of Ukraine, including the Autonomous Republic of Crimea and the city of Sevastopol - Interim report of the Secretary-General" (A/HRC/56/69): https://www.ohchr.org/en/hr-bodies/hrc/regular-sessions/session56/list-reports

Informationen zur #ObjectWarCampaign: Russland, Belarus, Ukraine: Schutz und Asyl für Deserteure und Verweigerer: https://de.connection-ev.org/ObjectWarCampaign

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